Ohne Geld durch Deutschland

Deutschland, 2003

Acht Tage lang zu Fuß und ohne einen Cent in der Tasche durch Deutschland.

Mein Kamermann Berti und ich starten je mit einem Rucksack von 28 Kilogramm und je einer versteckten Kamera am Körper, am Bodennsee.

Es ist Sommer und es ist verdammt heiss. Unser Vorhaben: Wir wollen zu Fuß auf die Insel Rügen. haben wir Hunger, bitten wir um Essen und bieten unsere Arbeitskraft dafür an. Haben wir Durst, bitten wir um Wasser oder nutzen öffentliche Wasservorkommen in Raststätten, an Tankstellen, am Straßenrand. Meist wird uns gegeben, ohne eine Gegenleistung dafür zu erwarten. Manchmal bekommen wir aber auch nichts und legen uns abends hungrig ins Zelt.

Am spannendsten sind die Begegnungen unterwegs, denn immer wieder lädt uns jemand in sein Auto ein. Die junge alleinstehende Frau, die uns Geld zustecken will, der ältere Homosexuelle, der uns ein Nachtquartier anbietet. Am meisten berührt hat mich ein Mittdreißger im Osten Deutschlands. Er kam gerade von der Chemotherapie, war an Krebs erkrankt. Erst verlor er den Job, dann die Ehefrau. Sie wollte und konnte nicht mehr bei ihm bleiben. Dann sind Schicksale.

Geht man die meiste Zeit zu Fuß durch Deutschland, sieht man sei Land plötzlich ganz anders. Viel langsamer und detaillierter. Man spricht mehr mit den Mneschen und hört ihnen zu. Man hilft sich oder lässt sich helfen. Ohne Erwartungen.

Ein Bad im See, nach Tagen ohne Dusche -  das ist Glückseligkeit.

Eine prallgefüllte Tüte mit belegten Brötchen von der Bäckereiangestellten im Osten, die dadurch ihren Job riskierte - das  ist  Menschlichkeit und Nächstenliebe.

Ein Zeltplatz auf der privaten Obstwiese und zur Nacht noch ein Plausch und belegte Brote - das ist Gastfreundschaft.

Mit aufgeplatzen Blasen an den Füßen und vielen, vielen Einsichten erreichen wir nach acht Tagen die Insel Rügen.

"Nie wieder!",  sagten wir uns ins Gesicht und öffneten dabei zur Feier des Tages eine Dose Ravioli, die wir als absolute Notreserve die ganze Zeit über mitgeschleppt hatten. "Nie wieder"!

Jedenfalls nicht in den nächsten zwei Jahren.

 

 

 

 

 

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