Jenke als... Bettelmönch
Wie schafft es ein asketischer Bettelmönch scheinbar ständig ausgeglichen, sorglos und im Dauerglück sein bescheidenes Leben zu lieben?
Liegt es an der dünnen Luft? An der der Himalaya-Nähe?
Sorgt tägliche Meditation plus Extremyoga für diesen beneidenswerten Gemütszustand? Oder steckt ein ganz anderes Geheimnis dahinter?
Mein Tag mit den Sadhus, den Bettelmönchen von Kathmandu, beginnt schon um vier Uhr nachts. Es regnet, es ist kalt und zum Arbeiten viel zu früh! Die verfilzten Haare zu langen Zöpfen gebunden, beginnen die Bettelmönche jeden neuen Tag mit der immer gleichen Zeremonie: Tee kochen, den Körper mit Schminke färben, husten - und auswerfen. Das alles wird begleitet von einem mir unverständlichen, gesummten Gebrumme. Nur Wortfetzen sind auszumachen, Shiva... und Brahma..., hinduistische Gottheiten. Jeder Sadhu hat sein Leben einem der 330 Millionen Hindugötter gewidmet, dafür oft Frau und Kinder verlassen und die Einsamkeit gewählt.
"Wie schafft ihr es, immer so glücklich zu wirken?" frage ich den 76-jährigen Sudai, der mir gerade, nur mit einem Metall-Slip bekleidet, eine seiner 84 Yogaübungen präsentiert. "Durch Gebete", sagt er und schiebt noch beiläufig den nicht unwesentlichen Zusatz hinterher: "Rauchst du?"
Die Haschischmenge, die er jetzt aus seiner Ecke zaubert, würde aus meiner Sicht für die Bewohner einer Kleinstadt reichen. Der alte Mann hat sogar selbst Mühe, soviel gehacktes Gras mit beiden Händen zu halten. Ich lehne dankend ab.
Innerhalb nur weniger Sekunden sehe ich die Mönche vor lauter Qualm nicht mehr. Allein ihr röchelnder Husten weist mir den Weg.
Vielleicht nicht nur, aber wohl auch deswegen sind die Sadhus hier so glücklich. Kiffen ist legal und billig in Nepal. Und somit das tägliche, ausgiebige Frühstück der Sadhus.
Noch heute fällt es mir sehr zu entscheiden, ob die von mir besuchten Sadhus Spinner sind oder ernstzunehmende Geistliche. Die Sadhus, die ich begleiten durfte, machten ihre Yogaübung immer nur da, wo die Touristen standen und jedes Fotos ließen sie sich üppig bezahlen. Und deshalb wirkte das Sadhu-Dasein für mich eher wie ein lukrativen Job - und nicht wie ein religiöser Weg.