Ein neues Gesicht für Berik
Semipalatinsk/Kasachstan, 2010
Berik hat Angst.
Wie ein Gewitter zucken die Nerven unter seiner Haut.
In wenigen Minuten wird Berik ein neues Gesicht bekommen, wird befreit sein von rund 400 Gramm wuchernder Gesichtshaut.
Geboren auf einem Atomwaffentestgelände vor 30 Jahren, beginnt an diesem Tag das neue Leben des Berik Sysdikow, denn dann wohl niemand mehr „Den Mann ohne Gesicht“ nennen wird. Aus Scham und um sich vor den verletzenden Reaktionen seiner Mitmenschen zu schützen, blieb Berik den Großteil des Tages Zuhause, saß vor dem Fenster und hörte sich durch die Welt. Denn seit seinem sechsten Lebensjahr ist Berik nahezu blind.
Wir haben in EXTRA über die Atombombenopfer von Semipalatinsk in der Reportage "Die Stadt der Verdammten" berichtet; einer Region, in der 40 Jahre lang Atomwaffen getestet wurden, ohne Rücksicht auf die dort lebenden Menschen. Noch heute werden in den radioaktivverstrahlten Gebieten viele Kinder mit schweren Behinderungen geboren. Noch heute ist die Selbstmordrate in der Region erschreckend hoch. Noch heute sind einzelne Dörfer kontaminiert.
Für die kasachischen Gesundheitsbehörden gilt Berik offiziell nicht als Strahlenopfer und deshalb bekommt er auch nur eine verminderte Invalidenrente. Umgerechnet etwa 85 Euro pro Monat. Eine Operation war damit nicht zu bezahlen.
In Beriks Fall konnten EXTRA Zuschauer unmittelbar helfen, denn unter ihnen war der plastische Chirurg Dr. Gisbert Holle. Er hatte solche Nerventumore bereits rund Einhundert Mal erfolgreich operiert. Er trommelte sein erfahrenes OP Team zusammen und operierte den jungen Mann aus Kasachstan in einer sechs Stunden OP. Erfolgreich.