Gefängniskinder

Manila/Philippinen, 2005

Mickey und Wilson, elf und 13 Jahre alt, gehören zu den Straßenkindern von Manila. Gemeinsam mit anderen Kinder wohnen sie unter der Brücke, an der Hauptstrasse von Olongapo. Eine warme Mahlzeit haben sie nur alle paar Tage und damit bis dahin der Hunger nicht so weh tut, betäuben sie sich mit „Rugby“ – einem starkriechenden Kleber. Die Dämpfe des Klebstoffs gelangen innerhalb weniger Sekunden ins Hirn, schalten dort die Wahrnehmung und das Hungergefühl aus. Alle Kinder hier nehmen Rugby, um ihr Dasein zu betäuben, auch wenn ihnen deswegen den ganzen Tag schwindelig und übel ist.

Mickey und Wilson sind zwei von schätzungsweise 20.000 Gefängniskindern auf den Philippinen, die meist ohne Anklage schuldlos in irgendeinem Gefängnis verschwinden. Dazwischen sind sie für wenige Tage frei. Lungern herum, betteln, schlagen die Zeit tot.

Während einer solchen Periode habe ich die beiden kennengelernt und begleitet. Ich habe dabei erfahren, dass ihre Eltern zum Teil schwer krank sind, zum Teil im Gefängnis sitzen, zum Teil auch bereits verstorben sind. Ich verbringe zwei Tage mit ihnen, zusammen streunern wir herum, reden über das Leben - ihr Leben- und die Zukunft - ihre Zukunft -. Bis die beiden vor meinen Augen beim Abendessen plötzlich verhaftet werden, ohne jeden Grund. Ich widersetze mich dem, rede auf die Polizisten ein, übernehme die vorübergehende Verantwortung für die beiden Jungs - doch nichts hilft. Sie werden wie entlaufene Sträflinge auf einen bewachten Pritschenwagen gesperrt und verschwinden in der Nacht.

Tagelang suche ich sie, klapper die Gefängnisse der Stadt und der Region ab, zum Teil mit versteckter Kamera. Die Gefängnisse sind voll von Kindern und Jugendlichen, die keine Fürsprecher mehr haben, keine Eltern, keine Verteidiger.

Schließlich finde ich Mickey und Wilson wieder. In einem Erziehungsheim.

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